In diesem Buch haben Ennepetaler gemeinsam zur Feder gegriffen. Zusammen für den guten Zweck, denn der gesamte Erlös kommt dem Kinderschutzbund Ennepetal zugute.
Alle Beteiligten stellten ihre Beiträge kostenlos zu Verfügung. Entstanden ist eine bunte Mischung unterhaltsamer Texte, die jedes Kinderherz erfreuen wird.
Das Buch ist aber nicht nur etwas für Kinder. Auch die, die im Herzen jung geblieben sind, werden ihre Freude an den Erzählungen haben.
Und natürlich gibt es auch noch ein paar Überraschungen.
Neugierig geworden?

 

Mitwirkende:
Sarai, Conny Born-Maijer, Ede Niemeier, Christel Kummer, Reinhold Kummer, Lisa Teutloff, Regina Willim, Lisa M. Bulla, Klaus-J. Teutloff, Tanja Rösler, Britta Kummer, Petra Backhoff

 

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Sternenstreif

Emma liebt Ponys und Pferde. Und wie jedes Mädchen ist sie auch ganz verrückt nach Einhörnern. Bisher hat sie noch nie eins gesehen. Ihre Mama sagt immer, die gibt es im realen Leben nicht. Das mag sein, trotzdem hat das Mädchen ein Einhorn zum Freund.

Bist Du jetzt neugierig geworden? Dann erzähle ich mal weiter.

Wieder befindet sich Emma auf dieser wunderschönen Blumenwiese. Sie pfeift auf den Fingern und schaut gebannt zum nahe gelegenen Wald. Doch nichts geschieht. Erneut durchbricht ein Pfiff die Stille. Da stimmt doch was nicht, kommt es Emma in den Sinn. Wo war Sternenstreif? Sie kam sonst immer. Da ist bestimmt etwas passiert.

Schnell läuft das Mädchen in den Wald und ruft immer wieder den Namen. Aber von Sternenstreif ist nichts zu sehen.

Traurig setzt sie sich unter einen Baum. Plötzlich hört sie ein Rascheln. Neugierig schaut sie in die Richtung, aus der sie das Geräusch vernommen hat. Aber nichts ist zu sehen.

Was sollte sie nun tun? Abwarten, ob etwas passiert oder lieber selbst nachschauen?

Sie steht auf, geht zögerlich auf einen Busch zu und ruft laut: „Wer ist da? Komm raus! Ich habe keine Angst vor dir! Zeig dich!“ Aber nichts geschieht.

Sie will gerade wieder rufen, da spürt sie, dass ihr irgendetwas ins Bein pikst. Verwundert schaut sie nach unten und erblickt ein kleines Männlein.

„Wer bist du denn?“, will sie wissen. „Und weißt du, wo Sternenstreif ist?“

„Was soll ich jetzt zuerst beantworten? Immer diese Menschen! Sie wollen gleich alles auf einmal wissen. Und diese Ungeduld“, antwortet das Kerlchen spöttisch. „Und wie heißt du eigentlich?“

„Tut mir leid. Ich bin Emma. Eigentlich wollte ich mich mit Sternenstreif auf der Wiese treffen. Aber sie ist nicht gekommen. Und du bist …?“

„Ich bin Arian. Ein Gnom und passe darauf auf, dass es den Tieren hier im Wald gut geht. Aber jetzt, wo du es sagst: Das Einhorn habe ich heute auch noch nicht gesehen. Komisch.“

„Ja, wirklich eigenartig. Wir müssen es suchen. Bestimmt ist ihm etwas passiert. Los, lass uns suchen.“

„Mädchen. Das bringt doch nichts. Wo willst du anfangen? Wir fragen Amalia mal. Die weiß alles.“

Emma will gerade nachfragen, wer Amalia ist, da taucht eine wunderschöne große Eule auf.

„Ihr sucht also Sternenstreif? Die Hexen haben sie gefangen genommen.“

„Wieso das?“, fragt Emma besorgt.

„Die wollen die Haare ihrer Mähne. Die Hexen glauben, dass das Haar magische Kräfte besitzt. Deshalb halten sie sie gefangen - und ich bin mir sicher, sie werden sie auch nicht mehr frei lassen.“

„Wieso das nicht?“

„Mädchen, das ist doch logisch. Wenn sie die Mähne abschneiden, wächst sie irgendwann wieder nach. So wie das auch bei euren Haaren ist. Sie wären dumm, wenn sie Sternenstreif gehen ließen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie verrückt die Hexen nach diesen Haaren sind. Mädchen, die siehst du nie wieder.“

„Weißt du, wo sie sie gefangen halten?“

„Natürlich. Ich weiß alles. Du musst durch diesen Wald und dann dahinten über den kleinen Hügel. Dann kommt erneut ein Wald, und da haben die Hexen ihr Lager. Aber sei auf der Hut! Sie dürfen dich nicht entdecken. Sonst nehmen sie dich auch gefangen.“

Emma schluckt. Egal. Sternenstreif ist meine Freundin. Ich muss sie retten. „Kommst du mit, Arian?“

„Na klar, aber du musst mich tragen. Ich bin nicht so schnell wie du.“

Und noch bevor der Gnom etwas sagen kann, nimmt Emma ihn auf den Arm und rennt los.

Als sie den Hexenwald erreichen, bleibt das Mädchen stehen und schnappt nach Luft. „Hast du einen Plan?“, will der Gnom wissen. „Wir können da ja nicht einfach so reinspazieren und das Einhorn mitnehmen.“

„Du musst die Hexen ablenken, und ich befreie Sternenstreif.“

„Und dann?“

„Keine Ahnung, aber wir müssen es schaffen. Ohne uns ist sie verloren.“

Als die zwei das Lager erreichen, sehen sie, dass nur vier Hexen um ein Lagerfeuer sitzen. Das Einhorn liegt auf dem Boden. Beim genauen Hinsehen erkennt Arian, dass die Beine zusammengebunden sind.

„Die anderen sind bestimmt unterwegs. Das ist unser Glück“, flüstert der Gnom.

„Wieso kann Sternenstreif sich nicht befreien?“, will Emma wissen. „Ihr Horn hat doch magische Kraft. Sie bräuchte die Fesseln nur damit berühren - und schon wäre sie frei.“

„Die Seile der Hexen sind verzaubert. Da nützt ihre Magie nichts. Pass auf, ich habe eine Idee“, und schon flüstert er dem Mädchen etwas ins Ohr.

„Das ist ein super Einfall. Aber pass auf, dass dir nichts passiert.“

Arian nickt, und schon rennt er schreiend und stockschwingend auf die Hexen zu. Die wissen im ersten Moment überhaupt nicht, was los ist. Die Gelegenheit nutzt Emma und schleicht zu dem Einhorn. Sie zerrt an den Seilen und schafft es, sie zu lösen.

„Jetzt aber nichts wie weg.“

„Komm, steig auf. Dann sind wir schneller.“

„Wir dürfen den Gnom nicht vergessen. Nicht auszudenken, was die Hexen machen, wenn sie ihn zu fassen bekommen“, sagt das Mädchen besorgt.

Das Einhorn deutet zum Himmel. „Schau nach oben. Wir bekommen Hilfe. Jetzt aber flott. Sitz auf!“

Das lässt sich Emma nicht zweimal sagen. Sie springt auf Sternenstreifs Rücken und schon galoppiert sie los. Da Emma reiten kann, ist es für sie nicht schwer, sich auf dem Rücken zu halten. Und nun sieht sie auch, was das Einhorn mit 'Schau nach oben. Wir bekommen Hilfe' meinte. Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie eine riesige Eule nach unten stürzt, den Gnom mit ihren mächtigen Krallen greift und sich in Windeseile wieder in die Lüfte erhebt.

Die Hexen schreien wild durcheinander, und bevor sie richtig realisieren, was gerade passiert ist, sind Emma, Sternenstreif, Amalia und Arian verschwunden. Was für eine Flucht!

Das Einhorn stoppt erst wieder, als sie auf der Blumenwiese sind. Emma rutscht vom Rücken und lässt sich ins Gras fallen. Vor lauter Glück laufen ihr ein paar Tränen über das Gesicht.

„Danke, meine Freundin. Ohne dich wäre ich verloren.“

„Wofür hat man Freunde“, antwortet Emma. „Es tut mir so leid, dass die Hexen deine Mähne abgeschnitten haben.“

„Die wächst wieder nach. Schau mal in den Himmel.“

Als Emma nach oben blickt, erkennt sie die Eule mit dem Gnom auf dem Rücken. Sie winkt ihnen zu und ruft laut: „Bis bald. Wir sehen uns wieder!“ Und schon verliert sie sie wieder aus dem Blick.

Das Einhorn legt sich zu dem Mädchen ins Gras. „Nun ist alles wieder gut“, sagt es erleichtert und stubst sie dabei vorsichtig mit ihrem Horn an.

Emma strahlt über das ganze Gesicht. Sanft streichelt sie das glitzernde Fell und schläft ein.

Als sie wieder wach wird, liegt sie in ihrem Bett. Verwirrt schaut sie sich um. Wo bin ich? Wo ist Sternenstreif? Da kommt ihre Mutter ins Zimmer. „Hast du wieder geträumt, mein Kind? Schau mal, wie zerwühlt dein Bett ist.“

„Ich war bei Sternenstreif.“

„Wieder dieses Einhorn! Du weißt, das gibt es nicht! Jetzt aber schnell! Du musst zur Schule!“ Und schon verlässt die Mutter das Zimmer.

Emma krabbelt aus dem Bett. Was ist das denn?! Ihr Schlafanzug glitzert. Genauso wie das Fell von Sternenstreif. Glücklich sagt sie: „Bis heute Nacht, meine Freundin. Dann sehen wir uns wieder.“

© Ennepetaler Textschmiede, Britta Kummer