Dieser Sammelband vereint zwei spannende Geschichten:
Willkommen im Luhg Holiday
Als Familie Kohlmann wegen eines vorausgesagten Schneesturms ganz spontan im Hotel Luhg Holiday einkehrt, ahnt sie noch nicht, was sie dort erwartet. In dem alten unheimlichen Haus scheint nichts mit rechten Dingen zuzugehen, und schon bald finden sich die drei Kinder und ihre Eltern im unglaublichsten Abenteuer ihres Lebens wieder.
Auf Wiedersehen im Luhg Holiday
Auf einer Urlaubsreise in den Süden fahren Sabrina, Gudrun und Betty im Nebel gegen einen Baum und müssen im Luhg Holiday einkehren. Das Hotel hat sich verändert, denn es sind 7 Jahre vergangen, seitdem Sabrina mit ihrer Familie dort unfreiwillig ihre Ferien verbrachte.
Wer ist der nette junge Mann, der sich nach dem Unfall so rührend um sie kümmert und doch ein düsteres Geheimnis mit sich trägt? Und was ist aus den Ghulen geworden, die das Luhg Holiday verwalteten? Ein spannendes Abenteuer wartet auf die Freundinnen. Werden sie der Gefahr entkommen, die dort hinter den düsteren Mauern auf sie lauert?
Eine Gruselkomödie der Sonderklasse und ein besonderes Lesevergnügen für die ganze Familie.

 

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In der Nacht träumte ich merkwürdige Dinge. Es war unerträglich heiß und stickig im Raum, schweißgebadet erwachte ich und öffnete das Fenster. Laue Luft strich herein. Und dann kamen sie, hunderte von Fledermäusen, sie waren überall, krallten sich in mein Haar. Ich wollte schreien, doch es ging nicht. Ich schlug wie wild um mich. Plötzlich fühlte ich eine kühle Hand auf meiner Stirn.
„Ruhig, ganz ruhig”, sagte eine dunkle samtene Stimme. Der Graf. Ich schlug die Augen auf und sah in seine Augen.
„Komm mit mir”, sagte er und reichte mir die Hand. Er zog mich mit sich. „Ich zeige dir, wie man fliegt…”
Jemand rüttelte mich. Nicht jetzt, nein. Ich wollte doch fliegen …
„Ihr müsst weg, solange sie schlafen”, sagte eine Stimme an meinem Ohr. Ruby.
Meine Schwester war schon angezogen.
„Nein, ich will nicht. Lasst mich hier”, flehte ich.
Doch sie duldeten keinen Widerstand. Ich hatte noch Zeit, mich anzukleiden und meine Sachen zu packen, das grüne Kleid zuoberst, damit es nicht gedrückt wurde. Auf dem Flur warteten meine Eltern mit Jan. Erasmus und Konstanze hinderten Mama energisch daran, wieder ins Zimmer zurückzugehen.
„Ich will noch schlafen, aber es muss ja dann wohl sein”, murmelte Papa müde. Jan und Angela schienen möglichst schnell fort zu wollen, so kam es mir jedenfalls vor.
Kurz vor der Treppe kamen wir an dem Portrait des Grafen von Drachenfels vorbei.
„Ich komme wieder”, flüsterte ich ihm zu, und es war mir, als ob er mir verschwörerisch zuzwinkerte.
Es sollte fast sieben Jahre dauern, bis ich das Luhg Holiday wiedersah. Im Laufe der Zeit war die Erinnerung verblasst, fast wie in einen Nebel getaucht. Das normale Leben nahm seinen Gang und ließ die Ferien in dem Hotel bald nur noch wie einen seltsamen und unwirklichen Traum erscheinen. Jahrelang hatte ich Stillschweigen bewahrt und nicht einmal meine beiden besten Freundinnen ins Vertrauen gezogen.
Nebel zog auch jetzt auf, aber der war ziemlich real. Bettina, kurz Betty genannt, saß am Steuer des kleinen Renaults 5, denn sie war die einzige unter uns, die bereits einen Führerschein hatte. Das knallrote Auto war ein Geschenk ihrer Eltern zum gerade noch so bestandenen Abitur. Betty war keine Leuchte und dazu noch ziemlich faul. Aber ihre Eltern hatten genug Knete und eine eigene Firma, also wurde die einzige Tochter auch für schwache Leistungen mehr als großzügig beschenkt.
Ich saß auf dem Beifahrersitz und versuchte, die Landkarte zu studieren, was gar nicht so einfach war unter diesen Umständen. Zum Abi hatte ich nichts bekommen, obwohl mein Abschluss weitaus besser war als der von Betty. Meine Eltern waren immer knapp bei Kasse, das alte Familienauto musste für uns alle reichen. Dafür hatte ich aber freie Berufswahl. Für mich stand fest, dass ich Kunst studieren wollte. Am liebsten würde ich in alten Kirchen und Schlössern Wand- und Deckengemälde restaurieren. Zu Hause schmückten meine selbstgemalten Bilder den Treppenaufgang, und Mama zeigte den zahlreichen Besuchern stolz meine Kreationen mit den Worten: „Das hat meine Tochter gemalt. Hat sie nicht Talent?“ Wenn Mama für etwas Feuer und Flamme war, dann duldete sie keinen Widerspruch, was mir natürlich den Weg zu meinem Berufsziel ebnete. Papa hatte nicht allzu viel zu sagen, er war ein zerstreuter Schriftsteller, der nur unwillig aus den von ihm erschaffenen Welten wieder in der Realität auftauchte. Sein Kommentar war kurz: „Passt doch!“
Hinter mir saß unsere Professorin, die wir nicht nur wegen ihrer Brille mit Horngestell so nannten. Gudrun wollte Lehrerin werden und war stets damit beschäftigt, sich irgendwie weiterzubilden. Im Moment löste sie gerade ein Sudoku. Sie könnte als Streberin gelten, wenn sie nicht so gutmütig und hilfsbereit wäre. Ihr ganzer Ärger war ihre etwas zu pummelig geratene Figur. Für eine Diät aß sie aber einfach zu gern. Vor allem Kuchen und Schokolade. Kontaktlinsen lehnte sie generell ab. „Sowas prokel ich mir doch nicht in meine Augen. Die brauche ich schließlich noch“, war ihre ruhige Antwort auf Bettys Vorschlag, die wie immer viel Wert auf Äußerlichkeiten legte.
„Lehrerin, pah! Ich für meinen Teil habe die Nase gründlich voll vom Schulbankdrücken“, betonte sie verächtlich.
„Was würdest du denn machen wollen, wenn du die Wahl hättest?“, fragte Gudrun neugierig. Betty zuckte die Schultern.
„Vielleicht Meeresbiologin oder Kampfpilotin, was weiß denn ich?!“
Ich musste lachen. Betty als Kampfpilotin!
„Das würde deiner Frisur sicher nicht gut bekommen“, grölte ich. Doch dann fand ich es gemein von mir. Betty konnte sich nicht aussuchen, was sie machen wollte. Von ihr wurde erwartet, dass sie in die Immobilienfirma ihres Vaters einsteigen würde. Jetzt drehte sie die Musik auf volle Lautstärke und sang mit: „Die Sonne scheint bei Tag und Nacht, Eviva España “.
„Du hast wohl schon einen Sonnenstich! Achte lieber auf die Straße“, warnte ich sie. Wir waren unterwegs in die Ferien. Vier Wochen mit dem Auto durch Frankreich und Spanien, bevor der Ernst des Lebens begann.
Der Nebel hatte sich verdichtet. „Betty, der Baum!“, schrie ich. „Daaa“, gurgelte sie noch, dann kam auch schon der Aufprall.
Ich sah in zwei Augen, die mir seltsam bekannt vorkamen. Stechende Blicke. Mein Kopf schmerzte.
„Ich bin zurück“, murmelte ich benommen....
© Christine Erdiç